Exkurs

Alltag Veränderung:
Arbeitgeber und Beschäftigte im Wandel

Die deutsche Wirtschaft stagniert. Am stärksten betroffen ist die Industrie, aber auch in anderen Sektoren läuft es nicht rund – Entlassungen und Kurzarbeit zeugen davon. Bei all den Krisen bleiben grundsätzliche Veränderungen, ausgelöst vom ökologischen und technologischen Wandel, unter dem Bewusstseinsradar vieler Menschen. Doch der Anpassungsdruck von Unternehmen ist groß, Stichwort „vier D“. Sie stehen für die vier großen Herausforderungen Digitalisierung, Dekarbonisierung, Demografie und De-Globalisierung.  Es gibt kaum einen Arbeitgeber, der nicht von mindestens einem der Faktoren betroffen ist – und mit ihnen die Menschen, die dort arbeiten. Ihre Kompetenzen und Erfahrungen sind unter Umständen zukünftig nicht mehr so relevant wie bisher, sprich, sie müssen Neues lernen oder sich beruflich neu orientieren. Wir haben Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Praxis um eine Einschätzung gebeten und zu ihren Antworten auf den Strukturwandel befragt.  

Das Weltwirtschaftsforum hat den technologischen Wandel, die geoökonomische Fragmentierung, den demografischen Wandel und die grüne Wende als wesentliche Treiber identifiziert, die den Arbeitsmarkt bis 2030 weltweit verändern werden. Je nach Land einzeln oder in Kombination. In Deutschland rechnen Arbeitgeber demnach damit, dass die Digitalisierung, Klimaschutzbemühungen sowie die anhaltende geoökonomische Fragmentierung und Konflikte ihre Geschäftsmodelle am stärksten beeinflussen werden. Veränderungs- und Anpassungsbedarf gibt es fast überall, denn Unternehmen agieren eingebunden in ein Netzwerk von Zulieferern oder Dienstleistern. 

Digitalisierung nimmt Fahrt auf 

Die Digitalisierung und auf künstlicher Intelligenz (KI) basierte Anwendungen halten an immer mehr Arbeitsplätzen Einzug. Laut Statistischem Bundesamt setzte 2024 jedes fünfte Unternehmen KI ein, bei Großunternehmen ist das sogar bei fast jedem zweiten der Fall – Tendenz stark steigend. Auch bei der Umsetzung der Klimaziele bzw. der Dekarbonisierung spielen digitale Technologien eine wichtige Rolle, beispielsweise um energieintensive Produktionsprozesse oder Produkte klimaverträglicher zu gestalten.  Aber es gibt Verbesserungspotenzial: Jedes zweite Unternehmen in Deutschland sieht sich bei der Digitalisierung im Mittelfeld, gut jedes fünfte sogar als Nachzügler, wie eine Befragung des Branchenverbandes Bitkom ergeben hat. 

Wie stark sich der digitale und ökologische Wandel auf Unternehmen und Beschäftigte auswirkt, hängt auch vom Digitalisierungspotenzial und der Umweltrelevanz der Berufe in Betrieben und Branchen ab. Bei Tätigkeiten mit einem hohen Digitalisierungspotenzial ist es wahrscheinlich, dass Computer oder Maschinen diese übernehmen können. Die Expertenkommission Forschung und Entwicklung (EFI) geht davon aus, dass Betriebe mit einem Anteil von jeweils mindestens 25 Prozent stark von der Transformation betroffen sind. Sie hat auf Basis von Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die Beschäftigungsanteile untersucht: Mehr als ein Drittel der Beschäftigten arbeitete 2022 in Berufen mit einem hohen Digitalisierungspotenzial und etwa jeder sechste in einem umweltbelastenden, sogenannten „braunen“ Beruf. Bei beiden ist der Anteil seit 2013 leicht gesunken. 

Die braunen Berufe verteilen sich allerdings sehr ungleich auf die Branchen und Regionen: In der Metallerzeugung, dem Maschinen- und Fahrzeugbau sowie der Chemie sind beispielsweise mehr als ein Drittel der Beschäftigten betroffen.