Interview

Erfolgsfaktor:
Unterstützen und echte Karrierewege bieten

 

Elektro Breitling ist Dienstleister im Bereich Elektro- und Informationstechnik in Holzgerlingen. Das Unternehmen beschäftigt mehr als 250 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und ist Teil der EB-Gruppe, einem Zusammenschluss von verschiedenen eigenständigen Unternehmen in der Hand einer Gesellschaft. Ein Unternehmensmotto lautet: „Mit Strom kennen wir uns aus. Wir wissen, was wir tun“. Dasselbe gilt für die Gewinnung und Integration von Fachkräften aus dem Ausland. Jörg Veit, Geschäftsführer Personal, erzählt, worauf es ihm dabei ankommt.

Jörg Veit

„Die Fachkräfte haben einen sehr großen Wissensdurst, sind sehr fleißig, engagiert und tun viel, um bei uns anzukommen.”

Jörg Veit, Geschäftsführer Personal, Elektro Breitling GmbH

Seit wann rekrutieren Sie im Ausland?

Wenn ich ehrlich bin, hat es sich eher so ergeben. Wir haben über Jobportale in Deutschland Stellen ausgeschrieben. Dann bekamen wir 2016 die erste Bewerbung von Damir aus Bosnien. Die ersten Gespräche haben wir online geführt. Er sprach schon perfekt Deutsch, da er mit seinen Eltern als Kind nach Deutschland geflüchtet war und hier Kindergarten und Schule besucht hatte. Inzwischen gehen fast alle internationalen Bewerbungen über Jobportale ein. Doch die meisten wirklich passenden Bewerbungen erhalten wir über Mitarbeiterempfehlungen.

Nach welchen Qualifikationen suchen Sie?

Nach Fachkräften mit einer elektrotechnischen Ausbildung. Sie ist allerding häufig nicht mit der in Deutschland vergleichbar, deshalb bekommen die meisten zunächst nur eine Teilanerkennung.

In der Regel gibt uns die Handwerkskammer eine Empfehlung, in welchen Bereichen es ein Defizit zum Zielberuf gibt. Dann fangen wir an, die Fachkräfte zu qualifizieren. Die Ausbildung auf dem Westbalkan ist vollschulisch, d. h. oft fehlt die Praxis. Wir prüfen, wie wir die Beschäftigten mit Training-on-the-Job und anderen Bildungsmaßnahmen nachqualifizieren können. In dieser Zeit eignen sie sich die Praxiskenntnisse an, die ihnen fehlen. Begleitend dazu gibt es entsprechende Weiterbildungen, z. B. in Messtechnik oder Gebäudeautomation. Den Ausbildungsplan reichen wir dann bei der Handwerkskammer ein und in der Regel bekommen die Fachkräfte dann spätestens nach einem Jahr ihre volle Anerkennung. Das mündet normalerweise in die Berufsbilder Elektroniker:in für Energie- und Gebäudetechnik oder für Betriebstechnik.

Funktioniert das gut?

Ja. Die volle Anerkennung ist uns und den Leuten sehr wichtig. Wir haben mit den Beschäftigten auch schon echte Karrierewege beschritten, zum Beispiel mit Suad aus Bosnien und Herzegowina: Nach der Anpassungsqualifizierung hat er zwei Jahre als Monteur gearbeitet, dann eine Obermonteurschulung absolviert und heute ist er Obermonteur, mit der entsprechenden Bezahlung. Das ist eine beachtliche Leistung, ein Obermonteur leitet bei uns ein Team mit 10 – 25 Beschäftigten. Momentan gehen drei weitere Mitarbeiter, zwei Serben und ein Bosnier, diesen Weg.

Wie integrieren Sie die Menschen?

Das machen meine Kollegin und ich; außerdem gibt es in den Abteilungen und auf den Baustellen Paten, die sie dort unterstützen.

Wir bieten internationalen Fachkräfte auch wöchentliche Sprachkurse in drei Sprachniveaus an. Aber was uns neben der Qualifizierung besonders wichtig ist: Wir haben 14 Betriebswohnungen. Neuangekommene können zunächst eine davon beziehen und von dort aus selbstständig eine eigene Bleibe suchen. Zum Teil funktioniert das, zum Teil nicht, weil bezahlbarer Wohnraum hier schwer zu finden ist. Die Wohnungssituation ist unser größtes Hemmnis beim Zuzug von Fachkräften. Beschäftigte mit Familien unterstützen wir auch bei der Suche nach Schulplätzen. Denn das ist sehr schwierig; die Integrationsklassen sind voll und es fehlen Lehrer, um sie zu vergrößern.

 

Auf der anderen Seite haben wir mittlerweile eine richtige Westbalkan-Community, die sich gegenseitig unterstützt. Allerdings besteht gleichzeitig die Gefahr, dass sich eine Bubble bildet und sich die Leute dann dadurch nicht so schnell sprachlich weiterentwickeln können. Deshalb achten wir im Grunde darauf, dass wir gemischte Arbeitsteams auf der Baustelle haben.

Wie finden die inländischen Mitarbeiter:innen Ihr Engagement?

Wissen Sie, wenn man die gesamte EB-Gruppe zusammennimmt, dann haben wir 17 Nationen am Start. Und am Bau wurde schon immer international zusammengearbeitet, da gibt es keine Ressentiments. Wir haben zum Glück Beschäftigte, die sich auch privat engagieren, ohne dass wir das verlangen. Da geht man beispielsweise im Kollegenkreis auf den Weihnachtsmarkt oder organisiert mal einen Grillabend, um so den Zusammenhalt zu fördern.

Was das Engagement als Arbeitgeber anbelangt, braucht man natürlich auch etwas Fingerspitzengefühl, das ist manchmal auch ein Balance-Akt. Als relativ große Firma haben sie die ganze gesellschaftliche Bandbreite in der Belegschaft. Wir müssen darauf achten, dass allen Beschäftigten die gleiche Förderung zuteilwird, jeder die individuelle Hilfe und Unterstützung bekommt, die er benötigt und für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation entsteht.

Welches sind Ihre wichtigsten Erfahrungen?

Die Fachkräfte haben einen sehr großen Wissensdurst, sind sehr fleißig, engagiert und tun viel, um bei uns anzukommen. Viele ausländische Beschäftigte sind auch ausgesprochen dankbar, weil sie in bisherigen Arbeitsverhältnissen nicht immer fair behandelt oder gar gefördert wurden. Ein Beispiel: Wir bieten jeden Monat freiwillige Seminare für alle Monteure an. Die Fachkräfte aus dem Ausland gehen oft hin, das Teilnehmerverhältnis von ihnen zu den inländischen Kollegen ist beispielhaft. Sie sind diesbezüglich sehr motiviert und man merkt, da ist ein großer Erfolgswille und der Wunsch, sich hier eine Existenz aufzubauen. Das imponiert mir sehr. Hier gilt einmal mehr, wer sich weiterqualifiziert und sprachlich entwickelt, kann bei uns im Handwerk Karriere machen.

Wird sich der Wettbewerb nicht auch im Ausland verschärfen?

Ja, schon. Aber auch da gilt: Dadurch, dass wir anständig mit unseren Leuten umgehen, haben wir weiterhin Zulauf. Wir machen weder in der Ausstattung noch im Umgang Unterschiede zwischen unseren Beschäftigten. Das ist – wie ich in den Bewerbungsgesprächen regelmäßig erfahre – nicht bei allen Unternehmen so und ist unser Wettbewerbsvorteil. Ich muss keine große Werbekampagne führen, sondern wir bekommen den Zuzug, den wir auch verkraften können. Ich habe da keine Angst, der Wettbewerb kann kommen.