Exkurs

Nicht mehr wegzudenken:
Fachkräfte aus dem Ausland

In der Gesundheits- und Pflegebranche oder im Gastgewerbe gehören internationale Fachkräfte längst zum gewohnten Bild. Immer häufiger öffnen auch Arbeitgeber anderer Branchen ihre Türen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von weit jenseits der Landesgrenzen. Das ist nicht immer der einfachste, aber ein lohnender Weg. Das reformierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz verspricht nun einige Erleichterungen. Mit der Ankunft der internationalen Fachkräfte ist die erste Etappe geschafft. Für alle Beteiligten zahlt sich der Einsatz aber erst dann aus, wenn sie sich am Arbeitsplatz und in Deutschland wohlfühlen und bleiben. Wir haben Menschen aus Praxis und Wissenschaft nach ihren Erfahrungen befragt und worauf es bei der Rekrutierung und Integration internationaler Fachkräfte ankommt.

Die Fakten sind bekannt. In Deutschland steigt die Zahl pflegebedürftiger Menschen und laut Statistischem Bundesamt werden bis 2049 allein mehr als 280.000 Pflegekräfte fehlen. Gleichzeitig gehen viele Angehörige der Babyboomer-Generation bald in den Ruhestand, ohne dass genügend junge Menschen am Arbeitsmarkt nachrücken. Immer mehr Branchen leiden deshalb unter empfindlichen Fachkräfte-Engpässen und ohne den Zuzug von Fachkräften werden die Lücken zukünftig nicht mehr zu füllen sein. Die Zahl der Anträge auf Anerkennung von Berufsabschlüssen, die im Ausland erworben wurden, steigt. Die meisten davon werden für medizinische Gesundheitsberufe eingereicht, aber auch bei nicht-reglementierten Berufen mit großen Engpässen, wie Elektroniker:in oder Koch/Köchin, nehmen die Neuanträge zu.

Oft ein weiter Weg

Immer öfter kommen die Fachkräfte aus Drittstaaten außerhalb der EU, denn auch andere europäische Länder leiden unter Engpässen. Sie kommen auf unterschiedlichen Wegen nach Deutschland.

Größere Träger im Gesundheits- und Pflegebereich suchen gezielt in Drittstaaten nach Pflegekräften, meistens unterstützt von Dienstleistern mit Netzwerk vor Ort. Ein Beispiel ist das Klinikum Nürnberg, das zu den größten kommunalen Krankenhäusern Europas zählt. Seit 2019 verstärken viele international rekrutierte Pflegefachkräfte die Teams in Mittelfranken. Tanya Porter, Leiterin International Department und ihr Team sind in neun Ländern weltweit aktiv. Ihr ist es wichtig, die Fachkräfte in Ländern zu suchen, in denen es viele Menschen oder einen Überschuss an ausgebildeten Pflegekräften gibt, z. B. in China oder Indien. Ähnlich ist es bei der Victor`s Group, die bundesweit über 120 Seniorenresidenzen betreibt und seit 2016 an internationalen Bewerbermärkten aktiv ist. „Anfangs über persönliche Netzwerke, dann haben wir unser Recruiting immer stärker professionalisiert und externe Kooperationspartner hinzugezogen,“ erzählt Daniel Klein, Leiter der Abteilung Human Resources International.  

Daniel Klein

„Anfangs über persönliche Netzwerke, dann haben wir unser Recruiting immer stärker professionalisiert und externe Kooperationspartner hinzugezogen”

Daniel Klein, Leiter Abteilung Human resources International, Victor´s Group

Arbeitgeber im Gesundheitswesen haben oft schon viel Erfahrung in der Auslandsrekrutierung. „Sie gehen bei der Gewinnung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ausland teilweise sehr systematisch vor. Das können Branchen, die eher kleinbetrieblich organisiert sind, im Regelfall nicht leisten,“ erklärt Prof. Dr. Bernhard Boockmann, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Angewandte Wirtschaftsforschung in Tübingen.

In kleineren Unternehmen ist des Öfteren ein wenig Zufall im Spiel, wie und aus welchen Ländern ihre internationalen Mitarbeitenden kommen. So war es auch bei Elektro Breitling, einem Dienstleister im Bereich Elektro- und Informationstechnik mit mehr als 250 Mitarbeitenden. Das mittelständische Unternehmen hat 2016 erstmals eine Bewerbung aus Bosnien erhalten. Die mehr als 20 internationalen Elektrofachkräfte, die Geschäftsführer Jörg Veit seitdem eingestellt hat, stammen ebenfalls aus den Westbalkan-Ländern und aus Kroatien. Schlicht, weil viele Arbeitsverhältnisse über Mitarbeiterempfehlungen zustande kommen. „Die meisten passenden Bewerbungen aus dem Ausland erhalten wir auf diesem Weg,“ erzählt Jörg Veit. „Wir machen sehr viel für ihre Integration und das spricht sich rum.“ Eine Erfahrung, die auch die Arbeitgeber im Gesundheitswesen machen: Wenn schon mehrere Pflegekräfte aus einer Nation in den Einrichtungen arbeiten, setzt ein gewisser Pull-Effekt aus diesen Ländern ein. Doch der gewünschte Effekt ist kein Selbstläufer.